Hagen. Allergien sind weiter auf dem Vormarsch und quälen immer mehr Menschen in Deutschland. Welches Kraut ist gegen die Pollen gewachsen? Die schönen Sonnentage in den vergangenen Wochen habe so einige Schniefnasen hervorgebracht. Gefühlt müsste der Taschentuchverkauf deutlich besser laufen als zur Grippesaison. Offenbar gibt es kaum noch Pollenfreie Zeiten im ganzen Jahr. Trotzdem ist jetzt Hochsaison. Die Symptome reichen vom allergischen Schnupfen über tränende Augen, Müdigkeit, Kopfschmerzen bis hin zu heftigsten allergischen Reaktionen wie dem allergischen Schock. Was tun?
Was ist denn überhaupt eine Allergie?
Eine Allergie entsteht durch eine überschiessende Reaktion unseres Immunsystems. Im Regelfall reagiert unser Körper auf Fremdstoffe und Keime mit einer passenden Immunantwort. Bei einer Allergie ist die Reaktion aber extremer und nicht der Situation angepasst. Über die Entstehung gibt es zahlreiche Hypothesen. Zum Beispiel wird über Vererbung diskutiert, da Allergiker-Eltern auch häufiger Allergiker-Kinder haben. Auch das Hygiene-Verhalten spielt eine Rolle bei der Entwicklung von Allergien. Kinder, die auf einem Bauernhof leben, haben deutlich seltener Allergien. Bauern sowieso. Je übertriebener die Hygiene zu Hause, desto häufiger treten Allergien auf.
Worauf kann man allergisch reagieren?
Im Prinzip kann man auf alles allergisch reagieren. Typisch sind saisonale Allergien auf alle möglichen Pollen, Reaktionen auf Hausstaubmilben, Nahrungsmittelallergien und überschiessende Immunreaktionen auf Medikamente. Die Liste ließe sich vermutlich unendlich weit fortführen. Nicht zu vergessen sind hierbei auch allergische Reaktionen auf Tierhaare, z:b. von Meerschweinchen, Katzen und auch Hunden. Nahrungsmittelallergien, z.B. gegen Nüsse, sind teilweise besonders heftig. Schon geringste Mengen können heftigste Reaktionen bis zum allergischen Schock hervorrufen. Auch die allergische Reaktion auf Wespenstiche kann erhebliche Ausmaße annehmen.
Allergien nehmen in Deutschland zu
Allergische Erkrankungen sind in den westlichen Industrienationen sehr häufig (z.B. leiden 16 Prozent der Deutschen an Heuschnupfen), und die Tendenz ist steigend. Warum Allergien in den Industrienationen zunehmen, ist unbekannt. „Möglicherweise begünstigen sehr hygienische Lebensverhältnisse die Entstehung von Allergien im Kindesalter. Denn Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen leiden nachgewiesener maßen weniger unter Allergien als Stadtkinder.“ Darauf weist Dr.med. Georg Nilius, Chefarzt der Fachklinik für Pneumologie und Allergologie an der Helios-Klinik Hagen-Ambrock hin.
Es gibt verschiedene Formen von allergischen Reaktionen
Unabhängig von der auslösenden Substanz unterscheiden Allergologen vier verschiedene Allergietypen. Soforttyp- und Spättyp-Allergie sind die beiden häufigsten Formen; die übrigen Allergieformen – Zelltoxische Reaktion und Immunkomplex-Reaktion – kommen eher selten vor. Bei einer Soforttyp-Allergie reagiert der Körper unmittelbar nach Kontakt mit dem Allergen mit Überempfindlichkeit. Beispiele dafür sind Allergien auf Pollen, Nahrungsmittel, Insektengift, Schimmelpilze, Tierhaare und Hausstaubmilben. Beim Spättyp setzt die Reaktion nach 24 bis 72 Stunden ein. Auslöser sind meist Chemikalien und Metalle (zum Beispiel Nickel), die nach Hautkontakt Ausschläge hervorrufen. Aber auch Arzneimittel können eine allergische Hautreaktion verursachen. Hier geht es zum Beispiel um Penicllin oder Acetylsalicylsäure (ASS).
Kriminalistisches Gespür für die Suche nach dem Auslöser
Die Suche nach einem Allergie-Auslöser verlangt kriminalistisches Gespür – und ein genaues Diagnoseverfahren. Denn tausenden möglichen Auslösern steht eine Handvoll Symptome gegenüber. Ganz selten ist der Zusammenhang zwischen Allergen und Allergie so klar wie etwa bei einer Insektengiftallergie. Daher ist ein Allergie-Tagebuch sinnvoll. „Allergiker tragen darin beispielsweise die Art, Schwere und Dauer der Beschwerden ein, die Tageszeit, zu der sie auftraten, sowie Medikamenteneinnahme, Ernährung, Aktivitäten und Umwelteinflüsse. So fällt es dem Arzt leichter, das auslösende Allergen zu identifizieren“, berichtet Georg Nilius weiter.
Was kann man bei Allergien tun?
Treten bereits kurzzeitig nach dem Kontakt mit dem Allergen schwerwiegende Symptome auf, wie zum Beispiel Luftnot, Schwellung der Schleimhäute (Zunge, Lippen), dann handelt es sich um einen Notfall, der sofort ins Krankenhaus gehört. Diese Symptome treten meist sehr rasch nach dem Allergenkontakt (innerhalb von 30 Minuten). Bei anderen allergischen Reaktionen wird meist symptomatisch behandelt. Hier helfen in erster Linie Mittel, die lokal vor Ort wirken. Dazu zählen Nasensprays und Augentropfen sowie Cremes und Gele für die Anwendung auf der Haut und nicht zuletzt Asthma-Sprays bei Luftnot oder anderen Asthmaspezifischen Beschwerden.
Nasensprays können kurzzeitig als abschwellende Nasensprays (oder auch Tropfen) angewendet werden. Für Allergiker besser eignet sind Nasensprays, die die Wirkstoffe Azelastin, Levocabastin oder Cortison enthalten. Sie haben keine direkte abschwellende Wirkung, daher braucht die Wirkung etwas länger. Augentropfen gibt es mit denselben Substanzen.
Cremes enthalten in der Regel Antihistaminika, wirken also gegen Juckreiz und Schwellung. Meist hilft aber schon der kühlende Effekt. Cremes enthalten aber auch Cortison. Jedoch sind die Konzentrationen der Substanzen in den frei verkäuflichen Produkten so gering, dass eine Wirkung kaum spürbar ist. Sind also die Symptome so ausgeprägt, dass die klassischen Präparate nicht helfen, dann hilft nur noch der Gang zum Arzt.
Frei verkäuflich in den Apotheken sind auch Antiallergische Tabletten. Sie enthalten die Wirkstoffe Loratadin, Cetirizin und Dimentinden und werden in der Regel abends eingenommen, da sie müde machen können. Wichtig ist hierbei, dass die Höchstdosis je Tag schon bei einer Tablette liegt. Sollten die Beschwerde nach Einnahme weiter bestehen, sollte also keine weitere eingenommenwerden. Hier können ergänzend dann lokale Präparate wie die Nasensprays, Cremes und Augentropfen angewendet werden.
Was machen Schwangere mit Allergien?
Werden Antihistaminika in der Schwangerschaft eingesetzt, dann sind das in Deutschland meist Cetirizin oder Dimentinden. Eigentlich ist von diesen Präparaten aber das
Werden Antihistaminika in der Schwangerschaft eingesetzt, dann sind das in Deutschland meist Cetirizin oder Dimentinden. Eigentlich ist von diesen Präparaten aber das Loratadin weltweit am besten in der Schwangerschaft untersucht.
Sollen Schwangere Cortison erhalten, empfehlen Experten ein Stufenschema. Zu bevorzugen sei die äußerliche Anwendung milder bis mittelstarker Präparate, denn allzu potente Produkte könnten auch bei lokaler Anwendung ein niedriges Geburtsgewicht verursachen. Genügt dies nicht, sind starke Cortison-Präparate für die Anwendung auf der Haut zu bevorzugen. Eine Therapie mit Tabletten sollte zuletzt in Betracht gezogen werden. Generell gilt: so kurz und so niedrig dosiert wie möglich. Die Wirkstoffe Betamethason und Dexamethason sind allerdings zu meiden, da sie fast unverändert die Plazenta passieren.